Friedericus Rex im Steueramt 1927
Heute mal eine lustige, wahre Geschichte. die sich 1927 in Parchim zugetragen hat. Die Geschichte erregte ein solches Aufsehen, dass auch ausländische Zeitungen davon berichteten. Es gab sogar Postkarten dazu. Noch 1932 berichten die Zeitungen vom Prozess gegen die drei "Übeltäter"
Fridericus rex im Steueramt.
Hielt da in Parchim, einer Stadt des hochfeudalen Mecklenburg, vor dem Rathaus ein Automobil, dem Fridericus rex höchstpersönlich entstieg, ganz in der bekannten Tracht mit Dreispitz, Perücke und Krückstock. In seiner Begleitung — ebenfalls vorzüglich historisch kostümiert — ein Adjutant und ein Minister. Seine Majestät schritten, ohne irgendwo anzuklopfen, samt seiner Begleitung durch alle Amtszimmer des Finanzamtes und verlangten mit allerhöchst gerunzelter Stirn den Leiter des Amtes, Regierungsrat Dr. Bocksch, zu sprechen. Mit erhobenem Stock ging der „König" auf den verdutzten Herrn Regierungsrat zu und fuhr ihn in unverfälschter friderizianischer Schimpfmanier an: „Ist er der Bocksch? Das Maß ist voll, jetzt wird abgerechnet mit ihm!" Das erschrockene Regierungsrätlein wollte ans Telephon flüchten, um Rettung herbeizurufen, aber der große Friedrich winkte ihm energisch ab: „Laß er das!" Dann sagte er dem Herrn Bocksch bittere Wahrheiten über preußische Justiz und Verwaltung im Allgemeinen und das Parchimer Finanzamt im Besonderen. Von ungeheurem Jubel des draußen wartenden Volkes begrüßt, fuhr der Alte Fritz schließlich wieder davon. Aber die Beamten des Rathauses mitsamt ihrem Regierungsrat brüteten Rache. Den ollen Fritz können sie leider nicht mehr einsperren, dafür aber packten sie wenigstens die Vertreter Friedrichs auf Erden, die drei so witzig kostümierten Faschingsmasken und setzten alle drei, nachdem man ihrer habhaft geworden war, hinter Schloß und Riegel.
Innsbrucker Nachrichten, Samstag, den 12. März 1927